Ein Familienprojekt – die Ausbildung eines FASD Assistenzhundes von Silvia Olschinsky Wutanfälle, plötzlich auf die Straße laufen oder...
von Silvia Olschinsky
Wutanfälle, plötzlich auf die Straße laufen oder die Schultasche jeden Tag aufs Neue an der Bushaltestelle stehen lassen – die Symptome bei FASD (Fetalen Alkoholspektrumstörung) sind vielfältig und sehr individuell. Und das muss auch die Ausbildung von FASD Assistenzhunden sein, damit sie ihre Menschen im Alltag unterstützen können.
Silke Kempfer vom Deutschen
Assistenzhunde-Zentrum Berlin Süd bildet seit 2020
FASD-Assistenzhunde aus und weiß: „Das Besondere ist, dass der
Hund nicht nur mit dem Betroffenen selbst arbeitet, sondern mehrere
Bezugspersonen hat. Bei Kindern mit FASD sind das in der Regel die
Eltern, aber auch andere Familienmitglieder.“ Deshalb ist auch die
Ausbildung des zukünftigen Assistenzhundes ein Familienprojekt, die
neben den klassischen Aufgaben eines Assistenzhundes die ganz
individuellen Fähigkeiten umfasst, die auf die Bedürfnisse der
Familie zugeschnitten sind – z. B. Stereotypen unterbrechen,
Reizüberflutungen lindern, Gefahren erkennen oder Hilfe bei den
Eltern holen. Keine leichte Aufgabe, so Silke Kempfer. Einer der
großen Herausforderungen beim gemeinsamen Training ist vor allem der
Umgang mit den mangelnden intellektuellen Fähigkeiten und die daraus
resultierenden Lernprobleme des FASD-Kindes. Dazu kommen häufig
Konzentrationsschwächen und eine geringe Frustrationstoleranz. „Als
Trainer/in muss man sich z. B. darauf einstellen, eine Übung wieder
und wieder zu wiederholen und mit den Emotionen des Kindes umgehen zu
können, wenn es bei Misserfolgen frustriert ist.“
Für eine
erfolgreiche Ausbildung empfiehlt Silke Kempfer außerdem:
· Informiere dich intensiv zum FASD. Umfangreiche Literatur findest du unter https://www.fasd-deutschland.de/literatur/
· Ein ausführliches Vorgespräch mit den Eltern ist das A und O der Ausbildung. Je mehr du über die Familie, ihren Alltag und ihre speziellen Bedürfnisse weißt, desto besser.
· Flexibilität und Geduld ist hier besonders wichtig – schließlich hat man es auch mal mit großen Familien zu tun, die an der Ausbildung teilnehmen.
· Denke auch daran, dass die meisten Familien Hundeanfänger sind und ggf. auch Hilfe bei der Erziehung und Pflege brauchen.
· Strukturiere dein Ausbildungskonzept möglichst einfach – scheue dich nicht, im Zweifelsfalle noch mal von vorne zu beginnen.
Was ist FASD?
FASD steht für Fetal Alcohol Spectrum Disorders (Fetale Alkoholspektrumstörungen) und beinhaltet geistige und körperliche Folgeerscheinungen, wenn Frauen während der Schwangerschaft Alkohol trinken. Dazu gehören u.a. Fehlbildungen sowie geistige und soziale Störungen. Mit rund ca. 10.000 Fällen gehört sie nach Schätzung der Bundesdrogenbeauftragen zu den am häufigsten angeborenen Behinderungen in Deutschland. FASD ist nicht heilbar, aber ihre Auswirkungen können gelindert werden – so können speziell ausgebildete Assistenzhunde unterstützend ein wenig Normalität in den Alltag der betroffenen Familien bringen.
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